Krisenkommunikation in Zeiten der Pandemie
von Peter Glassen
Ein interkultureller Blick auf die Covid-19-Kampagnen in der Schweiz, Mexiko, Indien, Vietnam und Brasilien.
Die Covid-19-Pandemie stellt seit über einem Jahr Regierungen, Institutionen und viele Menschen vor grosse Herausforderungen. Krisenzeiten sind Chance und Risiko zugleich. Das gilt nicht zuletzt für die Krisenkommunikation, denn wenn sie erfolgreich gemanagt wird, können herausfordernde Situationen verhindert, eingegrenzt bzw. bewältigt werden.
Am Beginn der Corona-Krise standen deshalb weltweit die Gesundheitsbehörden vor einer zentralen Frage: Wie informieren wir über die Gefahren des Virus und die entsprechenden Verhaltensweisen, damit alle Bevölkerungsschichten erreicht werden? Wie haben sie das überlebenswichtige Thema einer meist diversen Bevölkerung kommuniziert? Oft gilt es, nicht nur die Grenzen der Mehrsprachigkeit zu überwinden, auch Analphabetismus, Fragen der Religion, soziale Hierarchien oder politische Kontroversen können Einfluss auf den Erfolg von Krisenkommunikation haben.

Auffällig an einzelnen Kampagnen ist, dass sie teilweise an alte bzw. neue Mythen der jeweiligen Kultur anknüpfen. So kämpft in Mexiko eine Superheldin für den gesunden Abstand. Hier verbinden sich die allgegenwärtigen aztekischen Gottheiten mit den modernen Wrestlingskämfer*innen und werden zu realen Held*innen, die sich im Alltag für ihre Mitmenschen einsetzen.
In Indien hingegen inszeniert sich Ministerpräsident Narendra Modi als gottgleicher Führer, der seine Nation durch die Pandemie leiten will. Gern stellt er sich in Bezug zum hinduistischen Gott Ram – einem der populärsten indischen Götter, der von den Hindus als gerechter und friedvoller König verehrt wird. Doch das Bild des Gottvaters hat in den vergangenen Monaten Risse bekommen. Kam Indien anfangs verhältnismässig gut durch die Pandemie, so hat es seit Mai 2021 bei den Infektionsfällen in absoluten Zahlen den zweiten Platz nach den USA und vor Brasilien eingenommen.
Das Beispiel Brasilien wiederum zeigt, wie die kontroverse Politik des Präsidenten ein ganzes Land spaltet. Während Jair Bolsonaro die Gefahren des Virus über Monate ignorierte und leugnete, entwickelten brasilianische Gouverneur*innen und Bürgermeister*innen selbstständig Kampagnen, um ihre eigenen Bürger*innen zu schützen. Bolsonaro, der selbst an C-19 erkrankte und angeblich nur schwache Symptome hatte, präsentierte sich «geheilt» und wie so oft als vermeintlich «starker Mann»: «Wovor haben Sie Angst? […] Ich bedauere die Todesfälle. Aber Menschen sterben jeden Tag, an vielen Dingen. So ist das Leben.»

In seinem Blogartikel hat das Expert*innen-Team von SEMIOTICS.CH internationale Corona-Gesundheitskampagnen aus Mexiko, Indien, Vietnam und Brasilien zusammengetragen und auf die kulturellen Besonderheiten der visuellen und verbalen Zeichen untersucht. Unterstützt wurde das Team dabei von seinem weltweiten Netzwerk aus Semiotiker*innen. Lesen Sie hier den gesamten Blogbeitrag und erfahren Sie, weshalb Karaoke in Vietnam erfolgreich gegen Covid-19 geholfen hat.
SEMIOTICS.CH ist das Schweizer Expert*innen-Netzwerk für Angewandte Semiotik und interkulturelle Kommunikation. Es bündelt Sichtweisen aus der Anthropologie, Fotografie, Kulturwissenschaft, Kunstgeschichte, Marktforschung, Psychologie und Visuellen Gestaltung. SEMIOTICS.CH bietet Kultur-, Design- und Markenanalysen für nationale und internationale Organisationen. Als Teil eines weltweiten Netzwerks von angewandten Semiotiker*innen in über 30 Ländern ermöglicht es Einblicke in zahlreiche Kulturen der Welt. www.semiotics.ch
OpenEdition suggests that you cite this post as follows:
Guest Author (June 10, 2021). Krisenkommunikation in Zeiten der Pandemie. Learning from Corona. Retrieved February 15, 2025 from https://doi.org/10.58079/pg8z